Es ist das Internet der Zukunft, das die virtuelle Umgebung mit der realen Welt vereinen soll: das Metaversum. Die Professorinnen Dr. Annika Frye und Dr. Sandra Schramke haben auf Grundlage ihrer gemeinsamen Lehre im Sommer 2022 einen Antrag mit dem Titel „The Hybrid-Lab. Creating shared designs in the Metaverse” gestellt, den die EU-Kommission soeben bewilligt hat: Insgesamt 200.000 Euro Fördergeld teilen sich im Rahmen des Creative Europe Programme (CREA) die Stitching Design Academy Eindhoven, die Muthesius Kunsthochschule sowie die Start-Ups „The New Raw“ aus den Niederlanden und „OKKEI Milosz Dabrowski Sp. K.“ in Polen, um ein „Hybrid Lab“ zu entwickeln.
„Dieses ‚Hybrid Lab‘ möchte ein Beispiel für offene Zusammenarbeit und Teilhabe an nachhaltigen Designprozessen im Metaversum zwischen Kiel, Eindhoven, Warschau und Rotterdam schaffen“, erklärt Sandra Schramke, Professorin für Szenografie und kuratorische Praxis sowie für Verräumlichung von Wissen im Studiengang Raumstrategien. „Entstehen soll ein neuer Designprozess, der in einer immersiven digitalen Umgebung stattfindet. Der ‚Use Case‘ dieses Prozesses sind dreidimensionale Objekte im öffentlichen Raum in Kiel und Eindhoven, die in 3D-Druckprozessen hergestellt und benutzt werden sollen.“ Anstatt dass die Projektpartnerinnen die Orte extra bereisen, wird der physische öffentliche Raum dabei durch 3D-Scanning in den digitalen Raum des Metaversums transportiert und erfahrbar gemacht.
Das neuartige Modell der Zusammenarbeit ist ein Vorbild für zukünftige Designprozesse. Es richtet sich an Mitglieder der Designwelt, die ein explizites Interesse an der Weiterentwicklung der eigenen Arbeitsmethoden und an der Weiterentwicklung von neuen Räumen des Entwerfens sowie an partizipatorischen Designprozessen haben. Das Projekt verknüpft dabei Möglichkeiten des Metaversums (an einem virtuellen Ort an einem dreidimensionalen Produkt zusammenzuarbeiten) mit Partizipationsmethoden, auch um Nutzer*innen und Stakeholder am Designprozess auf physischer Ebene zu beteiligen.
In den aktuellen Designtheorien und Praktiken geht man vor dem Hintergrund neuer Herausforderungen einer globalisierten Welt von lösungsorientierten Ansätzen gemeinschaftlichen, prozessorientierten Handelns aus. Diese erfordern einen neuen Umgang mit Zeit und Raum, der sich nicht mehr länger an den Prozessarchitekturen der industriellen Fertigung orientiert, sondern stärker die diversen Wissensproduktionen der aktuellen Problemlagen im Anthropozän in den Blick nimmt.
Die beteiligten Hochschulen in Kiel und Eindhoven möchten die Lehre im Design auf digitalen Plattformen stärker verankern und benötigen dafür Anwendungswissen. Ein neuer Raum der Kulturproduktion, ein Raum des Handelns, Lernens und Forschens soll einen offenen Austausch in der Lehre ermöglichen. Er steht für eine transparente Form des Metaversums, in dem immersive Erfahrungen durch Augmented Reality, Virtual Reality und 3D-Scanning zur Anwendung kommen und der neue Modi der ästhetischen Erfahrung mit sich bringt.
Im Bewertungsformular der Europäischen Kommission heißt es: „Das Projekt hat einen guten europäischen Mehrwert mit dem Potenzial, auch über die teilnehmenden Länder hinaus eine größere Reichweite zu erreichen.“ Zudem zeige es „große Relevanz in Bezug auf das Ziel Innovation und die Priorität Neue Technologien, da es sich auf die Entwicklung einer hybriden Echtzeit-Designplattform zum Testen neuer Co-Design-Prozesse im Metaverse konzentriert.“
METAVERSUM – WAS IST DAS EIGENTLICH?
Das Metaversum gilt als nächste Form des Internets, als eine digitale und interaktive Umgebung, in der User*innen als Avatare gemeinsam arbeiten, sich treffen oder shoppen können. Allerdings ist es kein Paralleluniversum zur realen Welt, sondern ein Teil der Realität, in der mittels Augmented und Virtual Reality verschiedenen Sinnesreize aneinander gekoppelt und Realitäten um interaktive Bildwelten ergänzt werden können. Während es in der Architektur vorrangig um die Konstruktion von Raum geht – was die Frage aufwirft, welche Kulturtechniken das Metaversum dafür bereitstellt – fragt das Design vielmehr nach Zugänglichkeit, Benutzbarkeit und nach den Inhalten des Metaversums.